Start der während fast 2 Jahren vorbereiteten Reise bei denkbar schlechtem Wetter im April 1989 in Solothurn.
Wir und unsere Freiberger Job und Karino, kaum zu übersehen auch Alex unser Appenzeller Sennenhund, sind endlich unterwegs.
Bald nach Durchquerung des Grenzgebietes mit gewohnter Hügelung wird das Land dann plötzlich weit und der Horizont grenzenlos.
Mit einer Tagesleistung von 30 bis 50 Kilometern erleben wir Land und Leute "hautnah". Verborgene Idyllen, an denen man normalerweise
achtlos vorbeirast, zeigen sich uns in voller Pracht.
Bald lassen uns die herrlichen Gegenden und freundlichen Leute die Beeinträchtigungen gelassener ertragen und wir genießen wieder unsere Reise gen Westen.
Gegen Ende Juni, bei bereits sengender Hitze, nähern wir uns dem ersten Ziel; Wir sind nicht mehr weit vom Atlantik entfernt.
Nach der großen Hitze in den zentralen Ebenen ist das Küstenklima erfrischend angenehm. Nur ins Meer hinein wollen unsere "Bergpferde" nicht unbedingt, es ist ihnen eher suspekt.
Auch Hindernisse wie brückenlose Flüsse können uns nicht stoppen; Die Fähre setzt uns über.
Unterwegs muss geteilt werden; da gibt es keine Ausreden. Nicht nur Äpfel sondern auch Croissants, Eiscreme und Milchkaffe wollen von Job
und Karino gekostet werden. Hier gut zu sehen ist die gebisslose Zäumung mit Hackamore, die sich auf der Tour bestens bewährt hat.
Wir sitzen in McLellan-Sätteln, die für das Befestigen der Packtaschen adaptiert sind.
Am Fuße der Pyrenäen auf halber Strecke zwischen Atlantik und Mittelmeer müssen wir wegen Hufproblemen 2 Wochen pausieren. Wir finden
Unterkunft bei Leuten die wir vor Ort kennengelernt haben. Als wir Ende August dann weiterziehen hat sich die Reisegruppe vergrößert,
Roumas der Kater reist mit uns. Zu Pferde in einem Beutel wie bei den Känguruhs, streift er nach dem Absitzen im Gelände herum.
Ein Stück des Weges suchen wir in den Pyrenäen, können so den Großraum Toulouse umgehen und genießen herrlichste Aussichten.
Allerdings zwingt uns dann die anhaltende Trockenheit die weitere Route dem Canal du midi entlang zu wählen.
Wir sind nun aber mit dem Problem konfrontiert, dass immer seltener Viehhaltungsbetriebe und somit keine Weiden zu finden sind.
Unsere Lösung mit dem Laufseil ist nicht optimal, funktioniert aber recht gut.
Kurz bevor wir das Mittelmeer erreichen, stoßen wir auf einen ehemaligen Pferdebetrieb. In der Scheune stehen etliche nicht mehr gebrauchte
Kutschen. Nach einigem Überlegen und Verhandeln mit dem Besitzer entscheiden wir uns, die Reise mit dem Wagen fortzuführen. Der Planwagen verschafft uns die Möglichkeit
einen Weidezaun und mehr Vorrat mitzuführen, bindet uns allerdings an befahrbare Wege. Wir sind nun sehr froh, dass Job und Karino auch als Zugpferde zu gebrauchen sind.
Mit Weidezaun und "Mobilhome" sind wir nun recht gut ausgerüstet. Mittlerweile ist es später September und es ist
doch angenehm, nicht mehr direkt am Boden schlafen zu müssen.
Ende Oktober verlassen wir bei Ventimiglia Frankreich und sind nun in Italien.
Um diesen Verhältnissen zu entkommen, gehen wir sobald als möglich in die ligurischen Berge. Die Route ist wesentlich umständlicher als an der Küste,
dafür aber ruhig und wir haben Platz.
Nun folgt ein recht mühsamer Teil des Trails. Bis Cinque Terre sind wir an die Küste gebunden. Allein das Durchqueren von Genua dauert 2 Tage.
Wir übernachten mitten im Zentrum am alten Hafen auf einem Parkplatz. Zum Schluss hin sind sogar unsere abgebrühten Pferde genervt von Hektik und Dauer-Verkehr.
Nach der Enge der Küste ist die ländliche Toscana doppelt schön.
Unsere Jungs genießen die Pause im Weingarten unter Mandel- und Olivenbäumen.
Roumas jedenfalls bekommt das Reiseleben gut, er entwickelt sich bestens.
Entlang des Po können wir uns bestens auf den Dammwegen weiter nach Norden vorarbeiten.
Die Route führt uns nun über den Berninapass und nochmals zurück in den Winter, nach der Hälfte des Aufstiegs beginnt es zu schneien und hört nicht mehr auf.
Nach dem Grenzübertritt folgen wir dem Inn bis wir ins Zillertal einbiegen. Um in die Steiermark zu gelangen, müssen wir wieder die Alpen überqueren.
Nach dem happigen Aufstieg genießen wir den sanften Weg nach unten in die Steiermark und machen nochmals ausgiebig Rast in der tollen Kulisse der Soboth.
Nach einer 2 wöchigen Aufwärmrunde durch die Schweiz machen wir Anfangs Mai 89 den ersten Grenzübertritt bei Basel und sind nun mit
der Devise "immer nach Westen" in Frankreich.
Eine kurze Rast und Suche nach Proviant, was im ländlichen Raum nicht immer einfach ist.
Noch vor dem Loiretal steht das Unternehmen auf Messers Schneide; Ein Sturz im Galopp, bei dem Job zum Glück unverletzt bleibt,
verursacht bei mir gebrochene Rippen und Elisabeth verletzt sich am Bein. Wir wollen aber keinesfalls ohne ein Meer mit den Pferden gesehen
zu haben aufgeben und so geht die Reise nach ein paar Ruhetagen mit einigen Beschwerlichkeiten weiter.
Immer wieder sind wir von der großen Begeisterung der Leute, die wir unterwegs kennenlernen, und ihren Übernachtungsangeboten überrascht. Hier machen wir Rast an einem
Privatteich von Pferdefreunden, die einen Tag lang, ebenfalls zu Pferd, mit uns mitgereist sind.
Ein grandioses Erlebnis, wir haben zu "Huf" den Atlantik erreicht. Nach ein paar Ruhetagen bei Pferdefreunden in La Rochelle entschließen wir uns die Reise fortzusetzten und folgen
der Atlantikküste nach Süden. Wir haben Verwandte in der Gegend von Bordeaux; Das ist nun unser nächstes Ziel.
Zur abendlichen Routine gehört das Finden eines Übernachtunsplatzes, meist durch Anfragen bei Bauernhöfen, und das Aufbauen des "Zeltlagers".
Da wir vom Packgewicht her sehr limitiert sind, haben wir eine Leichtvariante entwickelt.
Auf unserem Weg nach Süden durchstreifen wir die Gegenden des Perigord und der Dordogne um letztlich das nächste Etappenziel bei den Verwandten
in der Nähe von Bordeaux zu erreichen. Wieder stellt sich, wir sind nun 3 Monate unterwegs, die Frage: Abbruch oder weiter? Mittlerweile an das "Routinegeschäft"
gewöhnt ist die Entscheidung schnell gefällt; Wir wollen noch den Pyrenäen entlang ans Mittelmeer.
Da jetzt das Getreide geerntet ist und die Felder frei sind, öffnen sich viele Routenvarianten abseits normaler Wege. Man kann jetzt guten Gewissens querfeldein reiten.
Die Hufe sind nachwievor sehr durch die Trockenheit strapaziert und so stellen wir die Pferde bei jeder Gelegenheit ins Wasser.
Am Canal ist zwar viel mehr Betrieb und Hektik, aber Schatten und hauptsächlich Wasser sind kein Problem mehr. Interessant sind die Begegnungen mit den
Touristen, die ihre Ferien auf dem Canal in ihren Wohnschiffen verbringen.
Dem Canal Richtung Mittelmeer folgend erreichen wir die Weingebiete des Languedoc, wo gerade die Weinlese beginnt. Von nun an sind wir
täglich mit einem Überfluss an Trauben, die wir von den Winzern geschenkt bekommen, verwöhnt. Leider spitzt sich die Übernachtunsproblematik laufend zu,
wir finden so gut wie keine eingezäunten Weiden mehr entlang unserer Strecke.
Wir fahren den Planwagen einspännig, so können wir die Pferde wechseln und abwechslungsweise doch noch reiten.
Den neuen "Komfort" mit dem Wagen bezahlen wir mit Einschränkungen in der Streckenwahl. Da auf unserer Route entlang des Löwengolfs aber überhaupt
keine Viehhaltung mehr zu finden ist, sind wir äußerst froh unsere eigene Infrastruktur dabei zu haben.
Soweit gut ausgerüstet entscheiden wir uns im Rhônetal weiter dem Golf entlang in Richtung Italien zu ziehen. Vorerst haben wir noch viele Ausweichmöglichkeiten im Hinterland.
Wir müssen nun ein Stück weit auf der Via Aurelia reisen, alles ist eng und wir sind mitten im Verkehr der Küstenstraße.
Die Reise durch die spätherbstlichen Küstengebirgsregionen hat ihren ganz besonderen Reiz. Eines morgens jedoch wachen wir im Schnee auf, es ist Zeit die Berge wieder zu verlassen.
Wir sind alle überglücklich, als das Land sich wieder weitet und wir die Küste verlassen können. Nebst allem Stress gab es aber auch viele denkwürdige Einladungen
mitten in Städten in einem Garten mit den Pferden übernachten zu können. Irgendwie fand sich glücklicherweise immer ein Plätzchen für uns. Nun aber gibt es wieder "Camping" pur.
Kurz vor Weihnachten erreichen wir bei Massa Marittima den südlichsten Punkt unserer Reise. Wir lernen hier ansässig gewordene Schweizer kennen
und machen hier eine Winterpause. Wir können uns in einem kleinen Nebenhof des großen Betriebs "häuslich" niederlassen und kümmern uns im Gegenzug um die
etwas verwilderte Haflingerherde der Gutsbesitzerin.
Hier in der Toscana schließt sich nun noch eine weitere Mitreisende unserer Gruppe an; Chicca, eine Maremmana-Mischlingshündin, entkommt dem drohenden Tod indem sie mit uns auf die Reise geht.
Bald aber werden wir unruhig, die Straße ruft. Wir machen uns wieder auf den Weg, nun immer Richtung Norden über den Appennin in die Poebene.
Im April 1990 stehen wir wieder an einer Grenze. Obwohl wir noch
nach Österreich wollen, müssen wir aus zolltechnischen Gründen bei Poschiavo erst wieder in die Schweiz einreisen.
Auch in den folgenden Tagen im Engadin sind Schnee und Kälte unsere treuen Begleiter, erst im Unterengadin kurz vor der Grenze nach Tirol sind wir endlich wieder im Frühling.
Die Alpenquerung beginnt mit der Gerlos, gefolgt vom Radstädter Tauern ins Murtal. Über Flattnitz gelangen wir nach Kärnten ins Gurktal.
Als letzte und wirklich knackige Hürde erweist sich die Soboth, über welche wir aus dem Lavanthtal in die Steiermark gelangen. Der berüchtigte Aufstieg
auf der Kärntner Seite verlangt unseren Pferden alles ab; Wir müssen alle 10 Minuten die Pferde umspannen.
Angekommen bei den Verwandten im Saggautal und durch glückliche Fügung anscheinend für immer hier "gestrandet" feiern wir das gute
Ende einer 14 monatigen Reise bei einer Pferdeweihe.